Traumata und Epigenetik: Wenn Erfahrungen Spuren im Erbgut hinterlassen
Traumatische Erfahrungen wie Missbrauch, Vernachlässigung oder Krieg können tiefe seelische Wunden hinterlassen – das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass solche Erlebnisse auch Spuren im Erbgut hinterlassen können. Die junge Forschungsrichtung der Epigenetik zeigt, wie sehr Umweltfaktoren wie Stress, Ernährung oder eben Traumata auf unsere Genaktivität wirken, ohne die DNA selbst zu verändern.
Chemische Veränderungen, etwa durch Methylgruppen, können Gene dauerhaft aktivieren oder blockieren. Besonders in frühen Lebensphasen – etwa in der Kindheit oder sogar im Mutterleib – ist das epigenetische System besonders empfänglich. So können traumatische Erlebnisse in dieser Zeit das Stressempfinden langfristig verändern und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen.
Studien zeigen, dass Menschen mit der gleichen Diagnose – zum Beispiel einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) – trotzdem ganz unterschiedliche epigenetische Veränderungen aufweisen. Das bedeutet: Auch wenn die Symptome ähnlich sind, kann die genetische „Feinregulation“ bei jedem Patienten anders aussehen. Genau das könnte erklären, warum manche Menschen besser auf eine Therapie ansprechen als andere – weil ihre Gene auf Medikamente oder therapeutische Impulse unterschiedlich reagieren.
Ein Beispiel: Bei einem Patienten ist ein bestimmtes Stress-Gen durch ein frühes Trauma dauerhaft überaktiv, bei einem anderen Patienten hingegen nicht. Beide haben zwar dieselbe Diagnose, brauchen aber möglicherweise eine unterschiedliche Herangehensweise in der Behandlung. Die Hoffnung der Forschung ist deshalb, epigenetische Profile künftig stärker in Diagnose und Therapie einzubeziehen – um individueller und wirksamer helfen zu können.
Spannend ist auch: Manche dieser epigenetischen Veränderungen scheinen nicht nur das Leben des betroffenen Menschen zu beeinflussen, sondern auch das seiner Nachkommen. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass traumatische Erfahrungen – etwa in der frühen Kindheit oder bereits im Mutterleib – das Gesundheitsrisiko der nächsten Generation erhöhen können.
Ein eindrückliches Beispiel liefert der sogenannte „Hungerwinter“ 1944/45 in den Niederlanden: Kinder, die während dieser Zeit im Mutterleib unterernährt waren, entwickelten später häufiger Übergewicht oder Stoffwechselstörungen – ebenso wie deren eigene Kinder. Die Vermutung: Die extreme Belastung hat epigenetische Spuren im Erbgut hinterlassen, die über Generationen hinweg weiterwirken können.
Was ist das Epigenom?
Das Epigenom ist wie ein molekulares Gedächtnis unseres Körpers: Es speichert, wie unsere Umwelt – etwa durch Stress, Ernährung oder belastende Erlebnisse – unsere Gene beeinflusst. Anders als das Genom (die DNA selbst) verändert sich das Epigenom im Laufe des Lebens. Es besteht aus chemischen Markierungen an der DNA und den Proteinen, mit denen sie verpackt ist. Diese Markierungen steuern, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden.
Fazit
Traumata wirken tief – nicht nur auf die Seele, sondern möglicherweise auch auf das Erbgut. Diese Erkenntnisse geben nicht nur der Psychotherapie neue Impulse, sondern auch energetischen und ganzheitlichen Ansätzen wie der PSE, die das individuelle Erleben mit einbeziehen.
Der Beitrag basiert auf dem Film „Trauma in der Kindheit und die Folgen fürs Erbgut | Epigenetik | Wissen Was mit @MrWissen2go“ von der Max-Planck-Gesellschaft.